Review: 7te See – ein Rollenspiel voller Abenteuer und Intrigen!

Dies ist eine Rezension des Rollenspiels „7te See“ von John Wick, erschienen in der deutschen Übersetzung bei Pegasus Press. Es handelt sich um ein Review der Print-Ausgabe. Das Buch hat 318 Seiten, inklusive farbigem Front- und Back-Cover und ist durchgängig farbig illustriert. Auf der Innenseite der Cover ist sowohl bei Vorder- als auch Rückseite eine Karte mit den Nationen Théahs zu finden.

Optisch kann das Regelwerk überzeugen. Es hat sogar eine leichte Einprägung auf dem Cover. Wenn man mit dem Finger über das Cover geht kann man die Umrisse der beiden abgebildeten Helden ertasten.

Das Spiel gibt es für 19,95 € beim Rollenspielfachhandel, also dem Geschäft eures Vertrauens vor Ort oder auch online direkt bei Pegasus oder auch bei Amazon*. Als Hardcover ist dies ein Schnäppchen und die Preispolitik von Pegasus Press kann ich an dieser Stelle nur bejubeln. Im englischen Original ist es nämlich durchaus teurer.

Was ist 7te See?

7te See ist ein Abenteuerrollenspiel in einer Mantel & Degen Welt. Die Welt Théah gleicht in vielen Punkten unserer eigenen Welt zur Zeit der Seefahrer, Piraten und Musketiere. Die Spieler schlüpfen bei 7te See in die Rollen von Helden. Wie die literarischen Vorbilder legen die Spielern Schurken das Handwerk und sorgen dafür, dass am Ende mal wieder alles gut wird.

Wer als Spieler böse Taten begeht verliert über kurz oder lang seinen Charakter. Das widerstrebt einigen, mich stört das aber nicht.

Was für Unterschiede gibt es denn zu unserer Welt?

  • Zauberei und so manches Monster existiert
  • Die Nationen haben andere Namen und ein paar geschichtliche Unterschiede
  • Die Katholische Kirche ist hier die Vaticinische Kirche
  • Überall verstreut gibt es Ruinen einer untergegangenen Zivilisation

 Was erwartet dich im Buch?

Nach dem ersten Kapitel „Willkommen bei 7te See“ folgt im Regelwerk erst einmal ein Überblick über die Länder Théahs.

Théah

In diesem Kapitel erfährt man alles über die Länder Théahs. Dabei bekommt man zu jedem der Länder einen Überblick über die Kultur des Landes, gebräuchliche Namen, Kleidung, Währung, Gebräuche, Kunst und Musik, Religion, die Regierung und das Militär. Abschließend gibt es immer einen Überblick über die Beziehungen zu den anderen Nationen.

Es gibt schon einige Unterschiede zu unserer Vergangenheit. So sind die Eisenlande, also Deutschland eine Abbildung der Grimmschen Schauergeschichten und Monster streifen hier herum – für mich ist das in Ordnung und ich würde sofort ein Abenteuer in den Eisenlanden starten, wenn ich es leiten würde.

Die Länder und die meiner Meinung nach entsprechenden Vorbilder:

  • Avalon = Vereintes Königreich Großbritannien
  • Castilien = Spanien
  • Die Eisenlande = Deutschland
  • Die Hochlandmarschen = Schottland
  • Inismore = Irland
  • Montaigne = Frankreich
  • Der Sarmatische Bund = Polen, Tschechien und nahegelegene Länder
  • Ussura = Russland
  • Vestenmennavenjar, kurz Vesten = Skandinavische Länder mit Wikingern
  • Vodacce = Italien

Das Kapitel liefert außerdem allgemeine Informationen zum Leben in Théah, die Königshöfe, – und sehr wichtig – Duelle, Ehrvorstellungen, die Vaticinische Kirche (und deren Inquisition) sowie kurze Texte unter anderem zu Naturwissenschaften, Medizin und Kriegsführung.

Abschließend geht es in dem Kapitel um Piraten, Freibeuter und Geheimgesellschaften, die Syrner, die untergegangene Zivilisation und ihre Ruinen sowie die Monster Théahs.

Bei den Monstern finde ich es schön, dass die unterschiedlichen Arten den Sieben Todsünden zugeordnet werden – ein kleiner aber wunderbarer und stimmiger Punkt.

Erschaffung eines Helden

In Kapitel 3 geht es nun an das Erstellen eines eigenen Helden. Hierfür gibt es pro Nation einen Überblick, was den so einen echten Avalonischen, Castilianischen etc. Helden ausmacht.Wie sehen sie für gewöhnlich aus, was haben sie normalerweise für Berufe, welcher Religion gehören sie an und mit was für einer Einstellung gehen sie durch das Leben.

Dieser Bereich liefert alles für die Rollenspielgrundlage. Natürlich kann man auch Abweichler spielen, aber hier gibt es halt die Informationen, was ein „normaler“ Held des Landes so macht.

Auf diese Übersicht folgt die eigentliche Anleitung zur Erschaffung eines Helden. Hierfür werden die acht (eigentlich neun) Schritte aufgelistet und detailliert beschrieben.

Von Schritt 0, in welchem du anhand von 20 Fragen die Grundlagen deines Charakters festlegst geht es über den eigentlichen spielmechanischen Teil (Eigenschaften, Nationalitätenbonus, Hintergründe, Fertigkeiten und Vorteile) bis zur Bestimmung des Schicksals (Arkana und Heldengeschichte). Abschließend gibt man dem Charakter noch den letzten Schliff – füllt also Kleingram aus.

Wer andere Spiele von John Wick kennt wird gleich viele Parallelen zu einigen seiner Spiele entdecken. Weil sich die Charaktere nur schlecht von den Regeln trennen lassen betrachten wir auch gleich das nächste Kapitel.

Action und Drama

Hier gibt es die Regeln zum Spiel. Im Spiel kommen die Helden in brenzlige Situationen oder wollen heldenhafte und wagemutige Aktionen durchführen. Dafür gibt es das System der Risiken.

Das ganze System ist ein ein starkes Erzählspiel. Bei Risiken geht es prinzipiell darum sich den gewünschten Verlauf der Geschichte mit den Eigenschaften des Charakters zu erwürfeln. Für mich also typisch John Wick – was anderes hätte ich an dieser Stelle nach all den Jahren auch nicht erwartet. Hierbei wirkt alles aber nicht so schwierig wie in manch anderen Spielen von ihm.

Den Eigenschaften Entschlossenheit, Gewandtheit, Muskeln, Stil und Verstand sind Würfelpools zwischen 2 und 5 Würfeln zugeteilt. Gewählte Fertigkeiten etc. geben zusätzliche Würfel je nach Aktion.

Möchtest du als Spieler deinen Charakter nun etwas gefährliches oder wichtiges tun lassen wird ein Risiko eingeläutet. Das alles läuft sehr formell ab:

  1. Du formulierst deinen Ansatz um die Situation zu verändern – daraufhin kann der Spielleiter festlegen welche Eigenschaften und Fertigkeiten in Frage kommen.
  2. Der Spielleiter formuliert Konsequenzen und Chancen deiner Handlung – also ob du Schaden erleiden oder ob du zusätzlich etwas besonders auslösen könntest
  3. Es wird gewürfelt. Der Würfelpool besteht aus zehnseitigen Würfeln und jede Kombination aus Würfeln, die zusammen 10 ergeben sind eine sogenannte Steigerung.
  4. Diese Steigerungen können nun von dir als Spieler für die Erzählung eingesetzt werden.

Steigerungen erlauben dir im Prinzip das Erzählen von kleinen Erzählschnipseln. Nehmen wir an es geht um eine Verfolgungsjagd und du sagst: „Ich springe aus dem Fenster auf die Marktstände weiter unten, rolle mich ab und verfolge die Verbrecher mit allen Mitteln.“

Hierauf gibt der Spielleiter den Hinweis, das die Konsequenz davon eine Verletzung sein könnte – es würde dich eine Steigerung kosten um das zu verhindern. Deine Chance da unten jedoch ein Pferd vorzufinden ist gerade sehr hoch und bei Ausgabe einer weiteren Steigerung hast du Glück und kannst direkt auf ein Pferd aufspringen und die Verfolgung aufnehmen.

Du erwürfelst 2 Steigerungen und erklärst: Ich nehme Anlauf und springe beherzt nach unten auf die Dächer der Marktstände, lande sicher (1 Steigerung), rutsche vom Dach herunter und lande glücklicherweise auf einem Pferderücken (2 Steigerung). Diese Schurken werden bereuen sich mit mir angelegt zu haben!
Die Basisregeln sind also recht schnell zusammengefasst. Hinzu kommen noch ein paar weitere Regeln. Unter anderem für Flair – die Beschreibung von euch ist einfach Bombe und es gibt Bonuswürfel – oder Heldenpunkte. Heldenpunkte können vom Spieler eingesetzt werden um Bonuswürfel zu bekommen, anderen Helden zu helfen, Spezialfähigkeiten zu aktivieren etc.

Der Spielleiter hat einen ähnlichen Vorrat an Punkten, den Gefahrenpool. Die Heldenpunkte bekommen Spieler für diverse Aktionen. So zum Beispiel, wenn man eine Untugend des Helden aktiviert, freiwillig scheitert oder seinem Spleen, also einer Charaktereigenschaft frönt.

Die normalen Risiken werden noch unterteilt in Actionsequenzen und Dramasequenzen. Die Actionsequenzen entsprechen dann Kämpfen, Verfolgungsjagden und ähnliche Szenen.

Der Unterschied zwischen den Beiden ist gering. Die Actionsequenzen gehen weiter bis zu einem logischen Ende – man gewinnt oder verliert, entkommt oder wird gefasst etc. – erstrecken sich dabei aber über mehrere Runden. Dramasequenzen enden sobald alle Parteien ihre Steigerungen ausgegeben haben. Mit dem Ergebnis muss man dann leben. Ein Beispiel hierfür wäre ein Wortduell wie bei Cyrano de Bergerac.

Für Spielleiter folgen danach noch Regeln für Schlägertrupps, der Erstellung und dem Spiel mit Schurken und Monstern sowie der Erschaffung von Spielleitergeschichten, sprich Abenteuern.

Das alles ist sehr formell formuliert. Das hilft zwar ein wenig beim Verstehen aber mir als altem Hasen kommt das manchmal etwas kompliziert vor. Zudem ist es ermüdend zu lesen.

Das Kapitel schließt mit dem Thema Korruption – was also, wenn euer Held einen auf Sith machen möchte.
Man verzeihe mir die Star Wars-Referenz.

Nun wird gezaubert!

Im Kapitel 5 geht es dann um die unterschiedlichen Arten der Zauberei auf Théah. Davon gibt es viele Formen. Es scheint so, als ob jede Nation hier ihr eigenes Süppchen kocht.

Beim Hexenwerk der Eisenlande mischt man Salben , Tränke und Tinkturen. Die Ritter von Avalon verkörpern die legendären Gralsritter und jeder von ihnen – es kann immer nur einen speziellen geben – hat spezielle Kräfte und Pflichten. Die Ussuren haben Mütterchens Berührung, ein wenig wie Baba Jaga von der Beschreibung gibt es da „moralische“ Verzauberungen – damit die Leute auch was lernen. Also sich in Tiere verwandeln können und ähnliches. Dafür gibt es Bedingungen und wenn man dagegen handelt muss Buße getan werden.

Die Montaigner haben eine Art Blut-Portal-Magie namens Porté und in Sarmatien binden Helden Dämonen an sich. Diese verleihen ihnen Kraft, versuchen aber auch die Helden zu korrumpieren.

Als letzte Zauberart gibt es noch Sorte, die „Tarot“-Magie aus Vodacce, die nur von Frauen ausgeübt wird.
Alle Zauberarten sind sehr stimmungsvoll und passen zu den Nationen. Wenn man nicht auf Zauberei steht kann man diese Regeln durchaus als optional ansehen. Dann spielt man halt aber nicht auf Théah.

Auf zum Duell!

In Kapitel 6 folgen nun Regeln ums Duellieren. Hier gibt es Regeln für das Duell zwischen zwei Duellanten. Duellanten erhalten Zugriff auf Manöver und abhängig vom Stil bestimmte Stilboni. Diese beschränken sich auf den Kampf mit bestimmter Ausrüstung. So erhalten zum Beispiel Duellanten der Schule der Eisenfaust einen Bonus beim Kampf mit einer schweren Waffe bei gleichzeitiger Benutzung eines Panzerhandschuhs.

Eine Seefahrt, die ist lustig!

Kapitel 7 beschäftigt sich mit der Seefahrt. Was macht so ein Schiff aus, aus welchen Leuten besteht die Besatzung und Aberglaube werden als erste Themen behandelt. Danach geht es um „unser Schiff“ – wenn wir denn eins haben wollen und die Abenteuer auf hoher See spielen. Es gibt auch hier nationenbedingt Besonderheiten und damit verbundene Vorteile von Schiffen.

Schön finde ich, dass es Boni und Vorteile gibt, sobald eine Mannschaft das erste mal etwas Bestimmtes und Positives mit ihrem Schiff erlebt.

Es gibt in diesem Kapitel auch weitere Details, wie zum Beispiel die Beute aufgeteilt werden sollte, Regeln für Besatzung, Trefferpunkte eines Schiffs, Fracht und natürlich Regeln für Seeschlachten und Seeungeheuer.

Die erste Regel der Geheimgesellschaft ist…

Alles rund um Geheimgesellschaften erfährst du in Kapitel 8. Das ganze läuft nach dem Motto „eine Hand wäscht die andere“ und auf den Seiten findest du die Geheimgesellschaften Théahs – was man für sie tun muss um ihre Gunst zu erwerben und was man dafür einfordern kann.

Meiner Meinung nach ist nicht viel erwähnenswertes enthalten. Nettes Beiwerk und man kann anhand der Beispiele sicherlich auch sein eigenes verschworenes Grüppchen machen.

Nur für Eingeweihte: Kapitel 9 – Der Spielleiter

John Wick bindet immer etwas über das Spielleiterhandwerk ein – darauf kann man wetten. Hier erfährt man, dass es gar nicht so schwer ist ein Spiel zu leiten und was für Hüte man als Spielleiter so trägt (Autor, Geschichtenerzähler und Schiedsrichter). Unter Zuhilfenahme der „Drei-Hüte-Theorie“ geht das Kapitel dann auf alles ein, was man so bedenken kann und möchte: was gibt es für ein Abenteuer, welche dramatischen Situationen wird es geben, wie startet man und wie geht man mit den Regeln um. Außerdem noch Umgang mit Konsequenzen (Tod eines Charakters etc.), Gestaltung von Actionsequenzen und wie man Geschichten erzählt, also 5 Sinne nutzen und wie man als Spielleiter so auftritt um erlebnisreich zu erzählen.

Ich mag John Wick und seine Spiele. Die Dinge die er beschreibt sind oftmals hilfreich und einige Tipps und Tricks verwende ich mittlerweile in allen Spielen. Der Text ist für mich daher nach knapp 10 Spielen von ihm etwas langatmig und ein wenig langweilig.

Ich glaube wirklich, dass der Text Berginnern helfen kann – für alte Hasen und für diejenigen, die John Wicks andere Spiele (Houses of the Blooded, Blood and Honor etc.) kennen und lieben bietet der Text jedoch nicht viel neues. Kurzum: hat man so oder in einer anderen Fassung schon mal gelesen, gespeichert und für gut befunden.

Das Kapitel endet dann mit einem wichtigem Element für Spielleiter: Schurken.

Bevor es zum nächsten Kapitel springt gibt es also noch einmal einen Ablauf dazu, was einen guten Schurken ausmacht. Wie gesagt, für alte Hasen nichts neues.
Als letzten Zusatz jedoch – das muss ich erwähnen – eine Aufmunterung. John Wick schreibt: „Ihr macht das gut!“ und gibt ein paar aufmunternde Worte an neue Spielleiter.

Zu guter Letzt – der Anhang

Im Anhang findest du einen brauchbaren Index, der zudem auch nach bestimmten Bereichen aufgeteilt ist. Einmal ein Komplettüberblick und dann Bereiche für die Zauberarten, Fertigkeiten, Vorteile etc.. Eine sehr schöne Idee, die mich als Index-Vernarrten sehr erfreut.

Es folgt noch eine Kurzfassung geschichtlicher Daten und dann endet das Buch mit dem Charakterblatt.

Fazit

Mich verbindet mit John Wick und seinen Spielen eine lange Leidensgeschichte. Aufgrund ihrer Regeln harmonieren sie nie so richtig mit meinen Spielern. Jedes mal denke ich „wow“, „super“ und „das musst du unbedingt spielen“, werde aber dann wieder in die Realität meines Rollenspielerdaseins gerissen.

Die Regeln und das hantieren mit Steigerungen in seinen Spielen ist nicht jedermanns Sache. Viele Spieler, die ich kenne tun sich auch schwer damit Dinge von sich aus als Geschichtsteile einzubauen und zu erfinden.
Das Erfinden von Fakten ist jetzt bei 7te See nicht so problematisch wie z.B. in Houses of the Blooded, dennoch kenne ich einige Spieler die hier zum Rehkitz mutieren, welches gerade in die Scheinwerfer eines heranrasenden Sportwagens blickt.

Das Ergebnis: das Spiel bleibt im Schrank, wahrscheinlich für immer.
Mit den richtigen Spielern ist das Spiel sicherlich gut zu spielen und bietet über lange Zeit viele Abenteuermöglichkeiten. Den Pathfinder/D&D/DSA-Ethusiasten könnten die Regeln und das strukturierte Erzählen jedoch ein wenig auf den Magen schlagen.

Ich mag die ganzen Beschreibungen der Nationen und Bräuche. Das alles gibt der Welt Tiefe die erforscht werden möchte. Das Kapitel für Spielleiter könnte dem einen oder anderen sauer aufstoßen. Die einen könnten es als belehrend empfinden, die anderen als unnötig. Ich habe es bereits oben erwähnt – für neue Spielleiter sicherlich nicht schlecht – für alte Hasen eher Lektüre für Zeiten, in denen man nichts besseres zu tun hat. Man lernt ja nie aus.

Wenn du also ein Mantel & Degen Rollenspiel mit einer Prise Magie suchst und erzähllastigen Rollenspielen nicht abgeneigt bist kann ich dir 7te See empfehlen. Für 19,90 € macht man da nicht viel verkehrt – auf englisch für über 40$ hätte ich es mir jedoch wirklich nicht gekauft. Der Grund: die oben beschriebene „im Schrank stehen bleibe“-Problematik.

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