Replays – eine japanische Besonderheit

Von amerikanischen Rollenspielgruppen kennt man ja vielleicht die eine oder andere „Actual Play“-Aufzeichnung – was aber bitte schön sind Replays.

Bei Actual Plays gibt es entweder auf YouTube oder als Podcast Live-Mitschnitte von Rollenspielsitzungen. Ich finde diese Actual Plays klasse, besonders wenn man selbst gerade das gespielte Rollenspiel spielt oder vorhat es zu leiten.

In Deutschland sind mir nur sehr wenige dieser Podcasts bekannt. Dabei muss ich gestehen, ich suche auch nicht aktiv nach deutschen Podcasts oder Mitschnitten auf YouTube.

Was sind jetzt aber Replays?

Replays sind eine Art japanische Literaturgattung. Sie stammen aus japanischen Rollenspielkreisen und sind von der Aufmachung her mit den japanischen Light Novels zu vergleichen. Die ersten Replays stammen aus den späten 80er Jahren. Es handelt sich um Mitschriften von einzelnen Rollenspielsitzungen, die im Nachhinein mit Zeichnungen aufgepeppt als kleine Taschenbücher verkauft werden.

Die meisten dieser Bücher erfreuen sich großer Beliebtheit und sobald man ein wenig nachforscht ist man echt traurig kein Japanisch zu können.

Die Mitschrift wird ähnlich einem Theaterstück aufbereitet.

Spieler A: Nein das ist nicht möglich!

Spieler B: Doch, ich werde meine Rache bekommen und mit dir fange ich an.

Hierbei werden in der Regel die Namen der Charaktere benutzt. Somit entsteht wirklich der Eindruck man liest eins dieser klassischen Reclam-Büchlein. Replays beinhalten unter anderem auch oft die Charaktererschaffung. Etwas, das in vielen Actual Play Podcasts übersprungen wird.

Keine großen Änderungen

Das schöne an Replays ist, dass es eigentlich ein Transkript ohne große Änderungen ist. Man bekommt also auch vieles von den Tischgesprächen im Text geliefert. Zudem gibt es Regeln und einige Spiele wie zum Beispiel Shinobigami haben sogar ein ganzes Replay als Teil des Regelwerkes.

Der eigentliche Sinn war einmal den Leuten Beispielsitzungen an die Hand zu geben. Dies macht den Einstieg in das Hobby einfach und jeder weiß was in so einer Rollenspielsitzung passiert. Daraus entwickelte sich in Japan ein Geschäft mit diesen Mitschriften.

Lernen durch Lesen

In Amerika lernen die meisten Rollenspiele durch Bekannte und Freunde kennen. Das selbe gilt mitlerweile auch für Deutschland. Ich bin in diesem Fall Autodidakt. Mein Erstkontakt mit Rollenspielen waren Hobby-Zeitschriften. Meine erste war die Wunderwelten. Dann habe ich mir Earthdawn gekauft und versucht aus den Regeln schlau zu werden. Das klappte nicht so gut. Glücklicherweise habe ich mich nicht davon abbringen lassen. Mein nächstes Spiel war AD&D in der 2. Edition, damals von Amigo Spiele.

Genau dort gab es sowas ähnliches wie Replays. Gesprächsfestzen aus Rollenspielsitzungen. Leider viel zu gestellt und wie ich später herausfand: erfunden.

Vielleicht habe ich aufgrund meiner Geschichte eine Liebe zu diesen Replays entwickelt.

Meine Liebe zu Theaterstücken gepaart mit meiner Liebe für Rollenspiele kommt hier zur Vollendung.

Wie läuft sowas denn ab? Wie wird sowas produziert?

Oftmals spielen die Entwickler eines Rollenspiels in Japan für die offiziellen Replays entweder den Spielleiter oder sind als Spieler vertreten. Teilweise werden für die Transkripte extra Personen hinzugeholt. Diese zeichnen das Spiel auf und erstellen danach die Abschrift. Ein Zeichner, oftmals Teil der Gruppe oder auch angeheuert erstellt dabei Zeichnungen der Charaktere und Szenen. Die Spieler und der Spielleiter kommen zusammen und versuchen natürlich ihr „bestes“ Spiel zu bieten. Hierbei gibt es nicht nur offizielle sondern auch Replays von Fans. Die Replays werden dann oftmals für 100 – 300 Yen, ungefähr -,80 € bis 2,30€, verkauft.

Das mit dem „besten Spiel“ ist so eine Sache, die ist als „normaler“ Rollenspieler schwer zu beschreiben. Gruppen die als Hobbys Replays erstellen sind teilweise weit bekannt und die Gruppen versuchen wirklich gute Unterhaltung zu bieten.

Das bedeutet nicht, dass es keine Scherze und Blödeleien gibt, die Spieler geben halt nur ihr „Bestes“ in Charakter zu bleiben, die Story voranzutreiben und versuchen nicht dem Spielleiter Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Was steht da denn noch drin?

Neben dem Aufbau wie ein Theaterstück Marke Reclam gibt es Fußnoten. Diese werden benutzt um Witze oder kulturelle Kleinigkeiten zu erklären und auf eventuelle Geschehen aus anderen Replays hinzuweisen. Außerdem werden Regeln erläutert und man kann dadurch als Spieler ein gutes Gefühl für das Spiel bekommen.

Am Ende des Replays gibt es oft noch einen Glossar oder zusätzliches Material. Zusätzlich dazu werden Charaktere im Replay mit Zeichnungen Abgebildet und die Fertigkeiten etc. aufgelistet. Das ganze wird durch die weiteren Illustrationen aufgelockert.

Von was gibt es Replays?

Die meisten Replays gibt es gefühlt von Call of Cthulhu. Das kann man als Außenstehender, der kein japanisch kann aber nur schwer sagen.

Generell gibt es fast von allen japanischen Rollenspielen Replays. Dazu muss auch noch gesagt werden, dass es einige Rollenspiele in Japan gibt, die im Vergleich zu unseren „westlichen“ Rollenspiel schon ein wenig anders strukturiert sind. Dazu werde ich die Tage aber meine Lieblingsspiele aus Japan vorstellen, welche bereits übersetzt worden sind.

Beispiele?

Wenn ihr der englisch Sprache mächtig seit empfehle ich Andy Kitkowskys Video zum Thema. Er und Matt Sanchez haben verschiedene Spiele übersetzt und bringen bald Shinobigami – Das Ninja Rollenspiel in englisch heraus. Hier geht es zum Video!

Er zeigt einige Beispiele und erklärt auch noch mal im Detail wie Replays gemacht werden und was im Inhalt vorkommt.

Ein schönes Beispiel von einem schönen Spiel – was auch gleichzeitig noch so völlig anders im Vergleich zu unseren „normalen“ Spielen ist findet ihr hier. Es handelt sich um das Replay von „The Broken Window“ vom Rollenspiel „Golden Sky Stories“. Ihr müsst auf der Seite nur ein wenig nach unten scrollen.

Ich hoffe ich habe bei dir ein wenig Interesse für diese kuriose Literaturgattung geweckt. Ich persönlich würde wahnsinnig gerne etwas in dieser Art schaffen. Wie sieht es mit dir aus?

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